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14.07.2018
Theresa Keilhacker
HOCHTIEF Projektentwicklung GmbH, entwickelt, realisiert und vermarktet seit 1991 Immobilienprojekte im In- und Ausland. Ziel ist es, die Projekte frühestmöglich an einen Endinvestor zu verkaufen. Wer kennt die aktuelle Eigentümer*in, Hausverwaltung?
Barbarossaplatz 4, Barbarossastraße 59-60, 10781 Berlin


Am 18. April 2011 schrieb ich an den Bezirk Tempelhof-Schöneberg im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 3 Abs. 2 BauGB zum Bebauungsplan 7-42 VE, Grundstück Barbarossaplatz 4, Barbarossastraße 59-60, sowie Teilflächen des Alice-Salomon-Parks:

„Der Abriss des Wohnhauses Barbarossastr. 59/60 und der - laut Entwurf des vorhabenbezogenen Bebauungsplanes von 2010 - vorgesehene Neubau, ist aus verschiedenen Gründen abzulehnen. Dabei geht es um grundsätzliche stadtentwicklungspolitische Probleme. Das Bayrische Viertel zeichnet sich bisher noch durch eine einigermaßen sozial ausgewogene Mischung seiner Bewohner aus. Das Vorhaben am Barbarossaplatz, sowie weitere ähnlich gelagerte Vorhaben in der Nähe, würden einen Gentrifizierungsprozess in Gang setzen und damit Fehler wiederholen, die bereits in anderen Berliner Bezirken gemacht und teilweise bereits bereut werden.“
 

Auch das Gutachten des Büros Bappert & Wenzel Landschaftsarchitektur - Städtebau – Gartenkunst von 1998, auf welches sich der Bezirk Tempelhof-Schöneberg nach eigenen Angaben in seiner Argumentation für den investorenfreundlichen Bebauungsplan stützte, kommt in dieser Hinsicht zu durchaus differenzierten Bewertungen. Darin heißt es, dass beide wesentlichen Bauperioden dieses Viertels – die zwanzig Jahre vor dem 1. Weltkrieg und die zwanzig Jahre nach dem 2. Weltkrieg „für ihre Entstehungszeit prototypisch“ und daher beide als „erhaltens- und pflegenswert“ einzustufen sind. Somit auch das betroffene 60er-Jahre-Wohnhaus Barbarossastr. 59/60.
 

Die Argumentation der Vorhabenträgerin Hochtief, die entsprechenden Wohnungen hätten weder im Grundriss, noch in der Haustechnik oder der Energieeffizienz künftigen Ansprüchen entsprochen, war keine zutreffende Begründung für die Änderung des bestehenden Bebauungsplans (B-Plan); vielmehr Ausdruck grob vernachlässigter Instandhaltung bzw. Modernisierung der Bestandswohnungen. Trotz oder vielleicht gerade wegen der Grundrisszuschnitte waren die Wohnungen - bis zum Rauswurf der Bestandsmieter*innen - voll und preiswert vermietet. Darüber hinaus weisen insbesondere 1960er-Jahre-Bauten höchste Potentiale für energieeffiziente Sanierung und ggf. auch Aufstockung auf (vgl. Studie des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle, veröffentlicht in „Wirtschaft im Wandel“ 9/2010 und „Wohnraumpotentiale durch Aufstockungen“ TU Darmstadt und Pestel Institut 2/2016).


Am Beispiel Barbarossaplatz und dem leider erfolglosen Widerstand engagierter Bewohner*innen gegen den B-Plan-Entwurf wird deutlich: Der Mangel an preiswertem Wohnraum nimmt spätestens seit 2011 stark zu – auch über das Gebiet der so genannten „Inneren Stadt“ hinaus. Bisher hat die öffentliche Verwaltung und leider auch die Politik diesem verhängnisvollen Trend in den letzten Jahren zu wenig entgegen gesetzt. Die Instrumente des Bauplanungsrechtes nach Baugesetzbuch (BauGB) bieten aber zahlreiche Möglichkeiten, um zum Wohl der Allgemeinheit und der Umwelt einer Maximalverwertung von Immobilien entgegen zu wirken und eine ausreichende Versorgung der wachsenden Bevölkerung mit bezahlbarem Wohnraum sichern zu helfen.