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10.02.2020
Theresa Keilhacker
NEWPORT RE GMBH (vormals Bayerische Hausbau)
Hardenbergplatz 2 , 10623 Berlin

Hardenbergplatz 2, 10623 Berlin

Klimaneutrales Stadtquartier Hertzallee / Hardenbergplatz


Nach Auszählung der Stimmen erhielt den Plattformpreis 2017 für die fragwürdigste Architektur in Berlin mit 53% der abgegebenen Stimmen der Hotel-Büro-Shopping-Komplex Upper West in der Kantstraße in Berlin-Charlottenburg, direkt neben der Gedächtniskirche. Eine Teilnehmerin der nicht repräsentativen Abstimmung schrieb dazu: "Die Skyline der Stadt wurde dadurch auf äußerst fragwürdige Weise neu definiert", ein anderer Teilnehmer meinte: "unspezifisch!"


Seit 2004 gibt es diesen Publikumspreis der Plattform Nachwuchsarchitekten bereits, eine Art „saure Zitrone“ für die fragwürdigste Architektur in Berlin. Sie erinnert uns Architekturschaffende daran, dass wir für die Stadtgesellschaft und damit für eine äußerst vielfältige Gemeinschaft bauen. „Architektur geht alle an. Keiner kann sich seiner gebauten Umwelt entziehen.“


Deshalb erscheint es auch heute besonders wichtig, die Entwicklung von Stadträumen gemeinsam und miteinander auszuhandeln. In transparenten Entscheidungsprozessen mit allen Akteuren vor Ort, aber auch zusammen mit Fachleuten aus den jeweiligen Berufen der Stadtplanung, Architektur und Landschaftsarchitektur, sowie des Umweltschutzes, der Denkmalpflege, Soziologie und Politik.


Den Abriss des denkmalgeschützten „Schimmelpfeng-Haus“ im Jahre 2009 konnten protestierende Experten, wie z.B. Dr. Roman Hillmann, der sich als Lehrbeauftragter der Technischen Universität mit der Nachkriegsmoderne beschäftigt hatte und heute als Architekturhistoriker das Projekt „Denkmalpflege an Bauten der DDR aus den 1960er und 1970er Jahren“ der Wüstenrotstiftung leitet, sowie der damaligen Vorsitzende des Landesdenkmalrates, Prof. Adrian von Buttlar leider nicht verhindern, aber es vollzog sich seitdem ein Umdenken im Umgang mit dem Bestand der Nachkriegsmoderne in der City West.


Ein kreativer Wandel hin zu einem deutlich sensibleren Umgang mit nachkriegsmoderner Bausubstanz setzte ein und führte ab 2010 zu einer geglückten Sanierung und Erweiterung des Bikini-Haus-Komplexes nach einem Masterplan des belgischen Architekturbüros SAQ rund um den Künstler Arne Quinze und umgesetzt durch Hild und K Architekten aus München. Es wurde sichtbar, dass durch kluge Architekturkniffe nicht nur der Tiergarten und der Zoo plötzlich aus luftiger Höhe der „Monkey Bar“ erlebbar, sondern auch durch mutige Eingriffe in die öffentliche Infrastruktur – durch Abriss des Autotunnels vor dem Bikini-Haus - eine bessere Überquerbarkeit und Anbindung des öffentlichen Raumes am Breitscheidplatz möglich wurden.


Nun liegen die Weiterentwicklung südlich der Hertzallee, sowie des Hardenbergplatzes im Fokus der City-West-Planung, ferner die städtebauliche Neuordnung des Bereichs nördlich der Hertzallee. Letztere soll durch eine angemessene Bebauung im Bestand u.a. „hochschulaffine Nutzungen, Büronutzung und studentisches Wohnen“ schaffen (B-Planverfahren 4-69 „Hertzallee / Hardenbergplatz“).


Dabei könnten zweiphasige städtebaulich-freiraumplanerische Entwurfswettbewerbe helfen, die besten Ideen für ein Modellquartier „Klimaneutrales Berlin 2050“ zu schaffen und kollaborative Mobilitäts- und Smart City-Konzepte bereits von Anfang an bei der stadträumlichen Planung mitzudenken. Das denkmalgeschützte "Huthmacherhaus“, direkt gegenüber vom Bahnhof Zoo, darf auf keinen Fall abgerissen, sondern muss als sozial-integrativer Hub gemeinwohlorientiert und ressourcensparend aus dem Bestand heraus entwickelt werden.


Bereits am 12. Mai 2017 auf der Sitzung des Landesdenkmalrats Berlin bestätigte dieser bezugnehmend auf seine Empfehlung vom 3. Juli 2015 seine Einschätzung der „besonderen historischen Bedeutung und des hohen städtebaulichen Wertes des Denkmalbereichs Zentrum am Zoo, bestehend aus Großem Hochhaus, Zoo-Palast, Bikini-Haus und Kleinem Hochhaus. Dank seiner Höhenentwicklung und Stellung im Stadtraum kommt der Hochhausscheibe in der denkmalgeschützten Gebäudegruppe eine Sonderstellung als Landmarke zu. Die neuerliche Behandlung des Themas führte zu keinen neuen Erkenntnissen bezüglich des Umgangs mit dem Großen Hochhaus (Huthmacherhaus), zumal die Investoren, die Bayerische Hausbau, dem Gremium keine neuen Varianten oder Alternativplanungen zur Begutachtung vorlegte. Der Landesdenkmalrat nimmt die von Eigentümerseite erneut vorgetragenen Bedenken gegen eine erhaltende Sanierung und Ertüchtigung des Nachkriegsdenkmals zur Kenntnis, spricht sich aber gegen einen Abriss und Ersatzbau aus, weil es sich um eine Gesamtanlage handelt, in der jeder konstituierende Bestandteil ein Baudenkmal ist und vom Bauherren keine zwingenden Gründe gegen eine Sanierung und Modernisierung des Bestands oder Strategie des "Weiterbauens am Denkmal" (z.B. durch Treppenhaus-Anbau) vorgetragen wurde.“


Nachdem das Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm (BEK 2030) bereits am 25. Januar 2018 vom Abgeordnetenhaus beschlossen wurde, können die zuständige Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen zusammen mit der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz an diesem zentralen Standort in der City West beweisen, dass sie gemeinsam und interdisziplinär ein zukunftsweisendes Stadtquartier unter Einbeziehung der interessierten Öffentlichkeit entwickeln können.



Nachträge


Meldung aus dem Berliner Abendblatt vom 7. November 2020:
Huthmacher-Haus bleibt erhalten
 

Meldung aus der Berliner Zeitung vom 10. November 2021:
Nach Rückkauf durch die Bayerische Hausbau: Schönheitskur für Hochhaus