Die Immobiliengesellschaft Coros Management GmbH, seit 2021 Eigentümer der Adalbertstr. 9, hat alle Mietverträge der dort seit ca. 20 Jahren arbeitenden Künstler*innen nicht verlängert. Viele Künstler*innen sind bereits ausgezogen, bis spätestens Oktober müssen alle von dort verschwinden. Als künstlerische Aktion gegen Verdrängung widmeten die Künstler*innen das Wochenende vom 16. bis 18. Juni dem Ateliersterben in Berlin und ihrer Verdrängung.
Der Atelierbeauftragte für Berlin hat eine Umfrage zur Erhebung der aktuellen Atelier- und sozio-ökonomischen Situation von bildenden Künstler*innen in Berlin durchgeführt und vorgestellt.
„Laut KSK sind 14.129 Personen in Berlin im Jahr 2022 im Bereich Bildende Kunst über die KSK versichert, davon arbeiten 8.495 Künstler*innen vorwiegend im klassischen Selbstauftrag wie Malerei, Bildhauerei, Installation etc. Rechnet man diejenigen dazu, die privat-, familien- oder in anderen Herkunftsländern versichert sind, ist die Zahl von 10.000 bildenden Künstler*innen, die kontinuierlich in Berlin leben und arbeiten, seriös. Auf diese Zahl beziehen wir uns in der Umfrageauswertung.
Im Rahmen der Befragung wurden 1.673 Fragebögen ausgefüllt. Geht man von 10.000 bildenden Künstler*innen in Berlin aus, entspricht das 16% der Grundgesamtheit. 57% der Befragten waren weiblich, 35% männlich und 8% haben Ihr Geschlecht als Divers/non-binär angegeben. Das Durchschnittsalter lag bei 43 Jahren.
Ateliersituation/Atelierverluste:
63% der Befragten gaben an, derzeit kein Atelier zu haben oder es gerade verloren zu haben bzw. es zu verlieren. Von dieser Gruppe haben 42% aktuell kein Atelier, 21% verlieren es gerade oder haben bereits ihr Atelier verloren.
63% suchen seit bis zu zwei Jahren ein Atelier. Diejenigen, die ein Atelier haben, sind oftmals in einer prekären und unsicheren Mietvertragssituation. So geben 80% an, einen unbefristeten Mietvertrag zu haben, Vertragssicherheit nach Gewerbemietrecht also in der Regel nur 6 Monate zum Ende eines Quartals und eine Kündigung ist ohne Angabe von Gründen zulässig. Lediglich 1,5% der befristeten Mietverträge haben eine Laufzeit von 5 und mehr Jahren.
56% aller Befragten mussten ihr Atelier oder ihre Atelierwohnung schon einmal aufgeben. Von dieser Gruppe waren allein 6,5% im laufenden Jahr 2023, 9% in 2022, 9,4% in 2021 betroffen.
Im Rahmen der Umfrage wurden 108 Ateliers und Atelierwohnungen in 2023*, 150 in 2022, 157 in 2021, 136 in 2020, seit 2017 insgesamt 874 verlorene Ateliers gemeldet. Da an der Umfrage 16% der in Berlin tätigen bildenden Künstler*innen teilgenommen haben, muss von einer weit höheren Zahl ausgegangen werden. Von ca. 1.500 – 2.000 verlorenen Ateliers kann seriös ausgegangen werden. Dem gegenüber stehen von 2017 bis 30.06.2023 per Saldo nur 310 neu entwickelte geförderte Ateliers und Atelierwohnungen, d.h.: die Substanz der Infrastruktur wird aufgezehrt. Insgesamt gibt es 1214 geförderte Ateliers in Berlin. Um diese Zahlen zu kontextualisieren: Es gibt 10.000 bildende Künstler*innen in der Stadt, von denen 60% kein Atelier haben oder ihr Atelier verlieren.
Als Gründe für die Aufgabe der Ateliers oder Atelierwohnungen gaben von den 35% der Betroffenen nicht mehr finanzierbare Mieterhöhung an. 31% wurden gekündigt, davon 11% wegen Eigenbedarfs.“
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Problem für Stadt und Szene: Ateliers sind Mangelware, rbb-Bericht vom 2. Juli 2023, mehr...