Der sog. Kollhoff’sche Masterplan, der aus einem siegreichen städtebaulichen Ideenwettbewerb zum Alexanderplatz von 1993 hervorgegangen war, sah ursprünglich 13 Hochhäuser mit je 150 Metern Bauhöhe vor und überformte mit seinem aus meiner Sicht ahistorischen Chicago-Remix der 20ger Jahre die 1966 begonnene Umsetzung der DDR-Hauptstadtplanung am Alexanderplatz. Die Leitidee, Türme auf 6-8 geschossige Blöcke zu stellen und damit ein Straßenraster vorzugeben, das für eine orthogonal angelegte Stadtstruktur wie in Chicago vielleicht funktioniert, nicht aber bei einer amorphen, wie am Alexanderplatz, blieb leider bis heute beständig.
Im Juni 1997 stellten der Senat und der Bezirk Mitte uns Anwohnern im Rahmen der Frühzeitigen Bürgerbeteiligung die beiden Bebauungsplanbereiche I-B4 Alexanderplatz und I-43 Alexanderstraße einschließlich der begleitenden Gutachten der Öffentlichkeit vor. Insbesondere die Reaktionen von Grundstückseigentümern außerhalb des Kernbereichs der Umgestaltung zeigten „eine erheblich nachlassende Mitwirkungsbereitschaft an der Umsetzung der Planung und Mitfinanzierung der öffentlichen Infrastruktur“. Um die Mitwirkungsbereitschaft der im engeren Planbereich wirkenden Investoren nicht zu behindern, erließ die Senatsverwaltung am 23. Juli 1998 den Beschluss zur Teilung des B-Plans I-B4 in die drei Geltungsbereiche I-B4a Alexanderplatz, I-B4b Rathausstraße und I-B4c Karl-Liebknecht-Straße. Trotz dieser enormen Anstrengungen und Zugeständnissen seitens der Öffentlichen Hand, steht 25 Jahre später immer noch kein Turm, außer dem 120 m hohen ehemaligen „Interhotel Stadt Berlin“, fertiggestellt 1969. Dafür wuchs die Spekulation in den Himmel.
Die wechselnden Investoren der Shopping-Mall Alexa kündeten seit 2007 mehrfach an, ein Hochhaus an ihr Einkaufszentrum zu stellen (Baublock E1), aber bis zu den Ankündigungen von Hines, neben die Saturn-Shoppingwelt einen Turm zu platzieren (Baublock D4), passierte erst einmal nicht viel. Am 31. Januar 2014 titelte Gerhard Matzig in der Süddeutschen Zeitung über den 1. Preis eines eingeladenen Wettbewerbs, den Frank O. Gehry für Hines gewann: „Bad Oeynhausen ist überall. Das Design triumphiert über den Stadtraum.“ Und am 22. November 2014 stellte Laura Weissmüller in derselben Zeitung die berechtigte Frage: „Wer darf noch in der Stadt wohnen? Egal wohin man schaut, die Hochhäuser kennen nur eine Zielgruppe: die Oberschicht.“
Im Juli 2016 stellte der russische Investor MonArch einen Bauantrag für einen 150 Meter hohen Wohnturm mit 39 Stockwerken und rund 475 Apartments. Laut Bewocon sollte es ein „Luxuswohngebäude“ werden mit Geschäfts- und Gewerbeflächen in den ersten drei Etagen, darüber Gemeinschaftseinrichtungen wie ein Kino, ein Fitness-Bereich sowie ein Privatrestaurant.
Recherchen von rbb24 ergaben: „Der Investor MonArch, geführt vom Moskauer Baulöwen Sergey Ambartsumyan, wollte seine Rendite steigern und sich über den geltenden Bebauungsplan hinwegsetzen. Und sowohl Ex-Bausenator Andreas Geisel (SPD) als auch seine Nachfolgerin Katrin Lompscher (Linke) sollen Ambartsumyan Zustimmung für Hinterzimmer-Deals signalisiert haben - die letztlich jedoch wegen behördeninternen Widerstands nicht zustande kamen. Senatsbaudirektorin Lüscher spricht im Zusammenhang mit einem der beiden angedachten Deals sogar von einem "unzulässigen Kopplungsgeschäft.“ Im März 2018 wurde ein mehrfach abgeänderter Bauantrag endlich genehmigt. Ein Bauzaun steht auch. Mal sehen wie lange noch.
Weitere Informationen:
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* Name geändert