Offener Brief vom November 2020
Wir sind Mieter*innen der Bremer Straße 63/64 in Moabit-Tiergarten, wir sind Menschen von 21 Monaten bis 81 Jahren. Manche Bewohner*innen leben hier erst seit wenigen Jahren hier, andere schon viele Jahrzehnte. Nun machen wir uns Sorgen um unser zu Hause und unsere Zukunft. Der schwedische Investor Heimstaden möchte unser Haus kaufen, neben vielen anderen in Berlin und auch in Moabit. Nach jüngster Berichterstattung ist das schon das zweite Immobilienpaket. 130 Mietshäuser mit 4000 Wohnungen nennt der schwedische Milliardär in Berlin schon sein Eigen.
Natürlich begrüßen wir Investitionen in unserem Bezirk. Gehen wir doch zuerst davon aus, dass hier die Zukunft gestaltet werden soll und der Investor Vertrauen in unseren Bezirk hat. Doch macht uns stutzig, wenn Heimstaden bereit ist, so viel mehr für die Objekte zu bezahlen, als sich mit den aktuellen Mieteinnahmen rechtfertigen lässt. Bei einer Investition geht es doch darum, eine Rendite zu erwirtschaften. Es liegt auf der Hand; hier soll in großem Stil eine höhere Verzinsung erreicht werden – ob durch Luxussanierung, Umwandlung in Eigentumswohnung, energetische Sanierung oder schlichte Schikane.
Es ist verständlich, denn durch diesen Erwerb und die Sanierung und Vermietung kann zurzeit die höchste Rendite für diese investierten Gelder erzielt werden. Auf der anderen Seite werden den Menschen, die hier wohnen und teilweise seit Jahrzehnten ihren Lebensmittelpunkt haben, die Grundlage entzogen.
Senior*innen haben Angst, sich mit ihrer Rente nach dieser Wohnung keine andere mehr leisten zu können. Familien sind besorgt, dass ihre Kinder aus finanziellen Gründen bald weit weg von Schule und Freunden wohnen müssen. Studierende und Arbeitende möchten nicht aus ihrem sozialen Umfeld gerissen werden. Dabei möchten wir betonen: Bei den Wohnungen in unserem Haus Bremer Straße geht es nicht um überdimensionierte Wohnungen in gehobener Lage. Es geht um zwei bis drei Zimmer-Wohnungen in renovierungsbedürftigem Zustand. Wir halten nicht einfach nur an alten Gewohnheiten fest, sondern wissen nicht, wo wir hinsollen, wenn wir uns unsere aktuellen Wohnungen nicht mehr leisten können. Mit Blick auf die Masse an Mietswohnungen, die gerade von Heimstaden aufgekauft wurden und/oder aufgekauft werden sollen, stehen aber noch ganz andere Fragen im Raum:
Wie soll denn in naher Zukunft noch ein städtisches Leben möglich sein, wenn sich (unter) durchschnittlich verdienende Menschen das Leben hier nicht mehr leisten können? Wo sollen Kellner*innen, Krankenpflegende, Sozialarbeiterinnen, Lehrer*innen, Angestellte im einfachen oder mittleren Dienst, Studierende, KFZ-Mechaniker*innen .... leben?
Wir bitten Sie mit ganzer Dringlichkeit, dieser Entwicklung vorzubeugen, beziehungsweise diese Entwicklung, soweit noch möglich zu stoppen. Machen Sie vom Vorkaufsrecht für unser Haus in der Bremer Straße Gebrauch.
Es kann nicht sein, dass die Lebensgrundlage von vielen Einwohner*innen im wahrsten Sinne des Wortes zerstört werden, damit einige Investor*innen lukrative Anlagemöglichkeiten erhalten.
Siehe auch:
https://mg-berlin.org/heimstaden-vernetzung
Rückblick auf die StopHeimstaden-Demo am 8.11.2020: Lautstark haben die Mieter:innen gegen den Ausverkauf der Stadt demonstriert! Ein Mieter aus der Bremerstr. 63-64 hat ein tollen Zusammenschnitt der Demo gemacht, wo auch viele der einzelnen Reden zu hören sind.
19.12.20: aus der Stadtteilzeitung, mehr...
03.11.23: Mieterhöhungen des schwedischen Wohnungskonzerns Heimstaden, mehr...
„Etwa zwei Drittel der Häuser aus diesem Paketverkauf liegen in Milieuschutzgebieten, in denen die Bezirke ein Vorkaufsrecht haben“, u.a. auch für die Bremer Straße 63-64. „Am 20. November lenkte Heimstaden ein und erklärte sich bereit dazu, bei den 82 Häusern aus den Milieuschutzgebieten Abwendungsvereinbarungen zu unterzeichnen. Die sichern den Mietern zusätzlichen Schutz zu, etwa vor Umwandlung oder vor Luxusmodernisierung. Im Gegenzug verzichten die Bezirke auf ihr Vorkaufsrecht. Viele Mieterinnen und Mieter wären dagegen lieber im >sicheren Hafen< der kommunalen Wohnungsbaugesellschaften oder von Genossenschaften gelandet, die die Vorkäufe dann faktisch ausgeübt hätten.“
Kontakt: bremerstrasse63_64@riseup.com
Siehe auch Beiträge:
Pankstraße 62/ Thurneysserstraße 1, Triftstr. 5, Koloniestr. 13/ Osloer Str. 93 und Waldenser Str. 9