Verraten und Verkauft
Die Wohnanlage im sozialen Erhaltungsgebiet Barbarossaplatz in Schöneberg wurde von der Industria Wohnen aufwendig „energetisch saniert“. Es wurden Aufzüge eingebaut, 14 Dachgeschosswohnungen aufgestockt und Balkone teilweise auf luxuriöse 8 qm vergrößert, um eine Aufwertung der Immobilie zu erzielen. Obwohl die Aufstockung gegen den Bebauungsplan verstieß und die Vergrößerung der Balkone bereits auf eine Luxussanierung hindeutete, konnten die Mieter, trotz intensiver Proteste, BVV Anfragen und Gesprächen mit dem Bezirksamt, die Maßnahmen nicht verhindern. Frau Sibyll Klotz, damalige Baustadträtin (Bündnis 90/Die Grünen), genehmigte alle Maßnahmen und wies die Befürchtungen der Mieter zurück - die sich letztendlich bewahrheitet haben.
Die 9 Häuser wurden an den dänischen Pensionsfonds PFA verkauft.
Eine Abwendungsvereinbarung untersagt zwar die Umwandlung in Wohneigentum für längstens 20 Jahre – doch besteht kein Schutz vor Verdrängung mittels Mietsteigerung durch den kommerziellen Investor. Dass dänische Investoren massenhaft Wohnungen in Deutschland als Renditeobjekte kaufen, um den heimischen Restriktionen zu entgehen die den dänischen Immobilienmarkt schützen, ist dem Senat bekannt. Die Immobilie gehörte zur Gagfah (Wohnungsbaugesellschaft der BfA) und wurde 2008 für 2,1 Millionen Euro verkauft. Mit der Fehlentscheidung des rot-roten Senats landeseigene Immobilien ab 2006 billig zu privatisieren begann der schicksalshafte Handel mit Wohnraum und setze die Mietsteigerungs-Spirale in Gang. Seit 2017 erhöht die Modernisierungsumlage die Grundmiete um 11 %, dies entspricht einer Mietsteigerung von 26% bis 30% für Bestandsmieter.
Die Industria verkaufte den energetisch sanierten Komplex 2018 schließlich an die PFA für ca. 35 Millionen, zum Kaufpreis liegen keine genauen Zahlen vor.
Das vom Käufer angestrebte Mietsteigerungspotenzial lässt sich nur noch durch die Verdrängung der Bestandsmieter realisieren. Bei Neuvermietung werden Staffelmietverträge abgeschlossen und die Miete bis zur gesetzlichen Schmerzgrenze erhöht. Auf diese Weise wird die soziale Struktur der gesamten Straße und im Akazienkiez systematisch vernichtet. Der dringend benötigte und bezahlbare Wohnraum, der woanders in der Stadt entstehen soll, wird hier im Erhaltungsgebiet, dem Markt entzogen. Verantwortliche reden viel und schauen untätig zu wie die „Berliner Mischung“ rücksichtslos verdrängt wird. Viele der 250 Mieter*innen sind betagt und leben mit ihren Kindern und Enkelkindern in direkter Nachbarschaft, was die Pflege im Alter erleichtert. Denn auch hier hat die Politik versagt und eine Versorgungslücke geschaffen.
Die Gleditschstraße ist leider ein Negativbeispiel mit vielen Facetten.