Wenn ich vor unserem Laden sitze, kann ich den Ratten im Park beim Spielen zuschauen. Mehrmals habe ich bereits das Gesundheitsamt und das Straßen- und Grünflächenamt kontaktiert, dass sie was machen sollen. Haben sie immer versprochen. Passiert ist wenig bis nichts. Ich bin Anfang 30. Meine Kinder wollen inzwischen nicht mehr auf dem Gehweg am Park entlang gehen, erst recht nicht dort spielen, weil sie Angst vor den Tieren haben und sie ekelig finden. Der Bezirk schafft es nicht, die einfachsten Maßnahmen gegen die Rattenplage umzusetzen: Abfallkörbe durch geeignete Abfalleimer zu ersetzen (aus deren offenen Drahtmaschen die Ratten gerne fressen), die Vogelhäuschen zu entfernen (deren herunter gefallenen Körner die Ratten gerne vertilgen), oder die Parkanlage einfach nur zu pflegen und die Schlupflöcher der Ratten zu schließen. Stattdessen haben sie Schilder aufgehängt: „Bitte nicht füttern“. Als ob das reichen würde! Und sie legen gerne in Abständen giftige Köder aus. Die Wurzeln des Übels werden nicht angegangen, sondern ausgesessen. Ich bin sehr enttäuscht von der Verwaltung im Bezirk Mitte.
Schon im Januar 2018 gab es eine „Erhebung der Konflikte im hinteren Bereich des Leopoldplatzes (Maxplatz) mit Handlungsempfehlungen“.
Auszug aus dem Kapitel: „Pflege(-defizite) und gärtnerische Gestaltung“
Zum allgemeinen Pflegezustand des Platzes hier einige beispielhafte Zitate:
„Der Pflegezustand ist katastrophal, ich geh‘ nicht mal gerne mit meinem Hund dahin.“ (Mitarbeiterin einer sozialen Einrichtung direkt am Platz)
„Das wird schlimmer. Es rennen viele Ratten hin und her, von einem Busch zum anderen, man muss immer die Kinder aufhalten, in die Büsche zu gehen.“ (Anwohnerin Anfang 30)
„Wir wünschen uns mehr Mülleimer und sie müssen einen Deckel haben, damit die Ratten da nicht rein können, das ist ziemlich schlimm hier.“ (Jugendlicher, Anfang 20)
„Die Tischtennisplatten müssten mal grundlegend gereinigt werden.“ (Studentin, Mitte 20)
Besonders Frauen, Mädchen und Kinder störten sich an Verschmutzungen und hygienischen Bedingungen:
„Glasflaschen werden weggeschmissen, bleiben liegen mit Alkohol drin, eklig! Die Gebüsche sollen weggeschnitten werden wegen Pinkeln, Ratten, alles Mögliche (...) und die BSR soll in die Straße rein.“ (Mädchen bei ‚Clara‘)
„Der Park ist dreckig geworden, nicht mehr so wie früher, im Sommer ist das besonders schlimm.“ (Anwohnerin, Anfang 50)
Viele der beschriebenen Probleme sind sicher auch abhängig von der jeweiligen Jahreszeit und der Nutzungsintensität des Maxplatzes, die in den letzten Jahren insgesamt zugenommen hat. Auch das Campieren von größeren Familien und Obdachlosen brachte zuletzt zusätzliche hygienische Belastungen mit sich:
„Das größtes Problem ist hier: Leute, die in den Park scheißen, die im Park schlafen, Familien wissen nicht wohin, Leute verstecken sich, laufen weg, ein syrischer Flüchtling, sehr verängstigt, Obdachlose, die nachts hier außen schlafen, weil es hier nicht kontrolliert wird. Das ist tragisch! An sich ist es gut, dass es Freiräume gibt, aber es wird überall hingeschissen.“ (Anwohnerin, Ende 50)
Über solche Einzelbeobachtungen hinaus war jedoch auch von einer strukturellen Vernachlässigung des Maxplatzes insgesamt die Rede:
„Es macht den Eindruck, dass man sich hier nicht viel Mühe geben muss wegen der Migranten, die hier leben.“ (Anwohnerin, Ende 20)
„Keiner kommt zum Saubermachen, der Gehweg wird nicht gemacht bis zur Malplaquetstraße. Ich weiß nicht, wohin ich mich wenden soll.“ (Betreiber eines Cafés in der Nazarethkirchstraße)
„Der Park wird vernachlässigt. Man kommt keinen Schritt voran. Früher gab es Ansprechpartner im Bezirksamt, mit denen konnte man auch kleinteiligere Sachen regeln. Mittlerweile ist niemand mehr da. Der Bezirk kommt seinen Pflichten nicht nach.“ (Mitarbeiterin im QM)
Was die gärtnerische Pflege anbelangt, wurde dagegen das Engagement einer Anwohnerin besonders hervorgehoben, die sich ehrenamtlich und unter ökologischen Gesichtspunkten um die Grünanlage kümmert, d.h. Stauden pflegt und neu pflanzt, Büsche beschneidet und Wildblumenbeete anlegt. Diese Veränderungen in der Grünanlage war vielen der von mir befragten NutzerInnen positiv aufgefallen, darunter auch Kindern oder z.B. einem männlichen Hundehalter: „Ich laufe immer hier lang und fotografiere viele verschiedene Gewächse, gucke genau hin. Diese Vielfalt! Kleine Tierchen kommen alle hin, ganz toll!“ (Anwohner, Mitte 60)
„Die Wildblumen hier finde ich sehr schön. Ich bin der Frau begegnet, die das macht, faszinierend, dass das jemand ehrenamtlich macht.“ (Anwohnerin, um die 30)
Dazu abschließend die Gärtnerin selbst: „Die Leute bedanken sich, dass es so schön geworden ist. Ich habe vor drei Jahren angefangen, am Anfang wurde alles rausgerissen, jetzt ist die Akzeptanz da. Es geht selten was kaputt. Ich kriege vom Grünflächenamt die Stauden, im Frühjahr 300 Stück. Die Kinder laufen rum und sagen: ‚voll schön, die Blumen‘. Ich möchte gerne mehr Leute aktivieren, das hat jetzt Struktur, jetzt können andere helfen, aber das braucht Zeit, die Leute sind sehr ängstlich hier.“ Dieses gärtnerische Engagement schafft auch Verbindungen in die Nachbarschaft, auch zu bulgarischen BewohnerInnen, mit denen Frau J. im Park immer wieder in Kontakt kommt.
Der ganze Bericht ist hier zu finden: http://www.ethnologie-mediation.de/publikationen-forschungsberichte-auswahl