In Vertretung für die Senatsverwaltung für Finanzen beantwortete die Staatssekretärin Vera Junker am 8. April 2020 die Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Dieter Neuendorf zur „Geistervilla“ in der Schmarjestraße 14 in Zehlendorf (Drucksache 18 / 23 052), die wir hier zur besseren Lesbarkeit in Auszügen präsentieren. Sie bringt eine Posse ans Tageslicht, die so wahrscheinlich nur in Berlin passieren kann. Alle Menschen, die in guter Absicht ihre Immobilie einer gemeinwohlorientierten Nutzung testamentarisch übereignen wollen, sollten sich nach dieser Geschichte gut überlegen, wie sie das rechtssicher in ihrem Sinne anstellen, ohne dass das Land Berlin bzw. der Bezirk alles vergeigt. Nach dem aktuellen Bodenrichtwert liegt allein der Grundstückswert der „Geistervilla“ bei rd. 1.350.000 Mio €. Das Gebäude hat nach den Berechnungen des bezirklichen Vermessungsamtes einen Wert von rd. 291.000 € (Stand: 2019).
„Beim Gebäude handelt es sich um eine zweigeschossige Villa mit teilausgebautem Satteldach, voll unterkellert, auf einem 1.037 m2 großen Grundstück. Im Keller befinden sich Vorkeller, 2 große Kellerräume und 1 kleiner Kellerraum, WC, Waschküche und Heizungskeller. Das Erdgeschoss besteht aus 3 Zimmern, Wintergarten, Küche, Anrichte, Speisekammer, WC, Diele, Garderobe und Windfang. Das Obergeschoss (Drempel mit Dachschrägen) beinhaltet 3,5 Zimmer, 1 Schrankzimmer, Diele, Flur, Bad, WC und 1 Balkon. Gemäß Bauschein von 1912 ist das Gebäude als Wohnhaus mit Aufenthaltsräumen im Erdgeschoss und 1. Obergeschoss und einer Kammer im Dachgeschoss (Satteldach) genehmigt. Die weiteren Räume im Dachgeschoss wurden nur als U-Raum (unzulässig zum dauerhaften Aufenthalt) bzw. als Bodenraum genehmigt.“
Wir zitieren in Auszügen die Drs. 18/15354, zu der der Senat im Jahr 2018 erklärte: „Das Land Berlin ist seit 1985 Eigentümer des Grundstückes Schmarjestraße 14. Es gehört seitdem zum Geschäfts- und Aufgabenbereich der Bezirksverwaltung Steglitz-Zehlendorf. Das Bezirksamt prüft gegenwärtig die Investitionsbedarfe. Die ursprünglich letztwillig verfügte Nutzung als Altenwohnheim für Künstlerinnen und Künstler (vorzugsweise als Heimstatt für ältere Musiker) war aus baulichen Gründen leider nicht zu realisieren. Das Land Berlin wurde von den im Testament verfügten Auflagen wegen deren Nichtvollziehbarkeit befreit.“
Auf welcher rechtlichen Grundlage der Senat zu der Einschätzung kam, das Land Berlin sei durch die im Testament verfügten Auflagen befreit, ist bis heute nicht transparent aufgeklärt. „Des Weiteren besteht seit dem 06.11.2018 die vom Landgericht Berlin dem Eigentümer auferlegte Last, das Grundstück nicht veräußern zu dürfen.“
„Laut Bezirk ist zu berücksichtigen, dass das Wohnhaus Schmarjestraße 14 konstituierender Bestandteil des Denkmalensembles der Wohnhausgruppe Schmarjestraße 5, 7 – 10, 12/14 Schweitzerstraße 11 ist. Es ist in der Berliner Denkmalliste vom 15.05.2001 (Amtsblatt Nr. 29, 14.06.2001, S. 2261) eingetragen. Ein Denkmal darf dabei nur mit Genehmigung der zuständigen Denkmalbehörde in seinem Erscheinungsbild verändert werden (§ 11 Denkmalschutzgesetz-DSchG).“
Die Ehefrau des Erblassers vermietete als Nießbraucherin die Villa ab dem 31.10.1988 an einen gemeinnützigen Verein, der darin bis zum Jahr 2012 eine Kindertagesstätte betrieb.
Laut Tagesspiegel kündigte der Bezirk der Kita und klagte sie 2012 erfolgreich hinaus, ohne ein neues Konzept zu haben, und ließ das Haus sechs Jahre leer stehen (tagesspiegel.de, 14.09.2018). Einnahmen aus dem Grundstück sind seit 2014 nicht erzielt worden.
Die Ausgaben zum Gebäudeunterhalt belaufen sich wie folgt:
2014 = 3.119 €
2015 = 8.196 €
2016 = 6.068 €
2017 = 7.979 €
2018 = 87.147 €
2019 = 6.847 €
„Das Bezirksamt prüft derzeit diverse Interessenbekundungen, um eine Betreiberin/einen Betreiber für die testamentarisch verfügte Nutzung zu finden.“
Bezirksstadträtin Carolina Böhm (SPD) sagte, Mitte März 2020 solle es noch einen Besichtigungstermin geben, anschließend solle möglichst bald die Entscheidung fallen (morgenpost.de, 04.03.2020).
„Ein weiterer Vorstellungstermin der Bewerberinnen und Bewerber war für den 19.03.2020 geplant. Dieser Termin und alle Folgetermine sind im Einvernehmen mit den Bewerberinnen und Bewerbern kurzfristig aufgrund der Corona-Pandemie abgesagt worden. Ein neuer Bewerbungstermin und somit auch die Zeitschiene kann aktuell nicht benannt werden.“